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3. April 2023

Ausländische Fachkräfte einstellen

Wir sprachen mit Paolo Secci, Senior Consultant bei Vesterling, über die Vermittlung von IT-Spezialisten aus dem Ausland und die Herausforderungen, die er dabei erfolgreich gemeistert hat. Besonders beziehen wir uns dabei auf die jüngst erfolgte Unterstützung einer jungen Frau aus dem Iran, die sich nun mit Hilfe des Vesterling-Personalberaters ein neues Leben in Deutschland aufbauen kann.

Diplom-Informatiker Paolo Secci, Senior Consultant
Vesterling AG – Personalberatung für Technologie

Vesterling: Guten Tag Herr Secci, die wichtigste Frage vorab: Konnten Sie die iranische IT-Kandidatin erfolgreich in Deutschland vermitteln?

Paolo Secci: Ja, wir waren bei der Vermittlung der hochqualifizierten Bewerberin erfolgreich. Sie unterstützt nun als Datenbank-Administratorin eine tolle Firma in Nordrhein-Westfalen. Auf dem Weg dorthin mussten einige Hürden übersprungen werden, doch letztendlich sind alle Beteiligten überglücklich – vor allem unsere Kandidatin, die den unsicheren Verhältnissen im Iran den Rücken kehren konnte und hier ein neues Leben beginnt.

Wie funktioniert die Kommunikation mit Bewerbern aus dem Iran?

Leider sind die Breitbandverbindungen sogar in der Hauptstadt Teheran sehr instabil, weshalb bei der Kommunikation mit Bewerbern manchmal etwas Geduld gefragt ist.

Sie haben Video-Interviews mit potenziellen Kandidaten aus dem Iran geführt. Welche typischen Merkmale oder Gemeinsamkeiten konnten Sie erkennen?

Grundsätzlich muss natürlich jedes Bewerberprofil individuell betrachtet werden. Aber ich habe in der Tat doch einige Ähnlichkeiten festgestellt. Viele der Bewerber, meistens im Alter von 30 bis 35 Jahren, verfügten bereits über beglaubigte Studienabschlüsse – übersetzt und bescheinigt von der Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen (ZAB). Etwas überraschend war für mich, dass einige Bewerber ein fortgeschrittenes B2-Sprachniveau hatten und die Kommunikation auf Deutsch wirklich ganz gut klappte. Nahezu allen Kandidaten war aber auch gemein, dass sie nur sehr wenig über die in Deutschland geltenden Arbeitsbedingungen wussten. Viele hatten auch keine Bezugspersonen in Deutschland, die sie in den vielen alltäglichen und bürokratischen Fragen bei der Einwanderung hätten unterstützen können. Bei Fragen zu Wohnungssuche, Krankenversicherung, 5-Tage-Woche und Probezeit habe ich natürlich auch gerne ausführlich beraten. Ich bin jedoch überzeugt davon, dass sich viele Dinge auch mit Unterstützung von Kolleginnen und Kollegen beim neuen Arbeitgeber in Deutschland schnell und einfach lösen lassen.

Wie kamen Sie mit der Bewertung der Lebensläufe zurecht? Und inwieweit unterscheiden sich diese von deutschen IT-Bewerbern?

Also nach Ansicht der ersten Lebensläufe wurde mir schnell klar, dass es wohl ein paar Besonderheiten gibt. So ist es im Iran üblich, dass Arbeitnehmer parallel mehrere Tätigkeiten in Vollzeit ausüben und nicht nur einen einzigen Job haben. Außerdem ist mir aufgefallen, dass Informatiker sich weniger spezialisieren und sich fachlich eher breit aufstellen. Erst bei genauerem Nachfragen in den Interviews hat sich dann ein erkennbares Bild der jeweiligen IT-Fähigkeiten herauskristallisiert. Zudem war es für mich nicht einfach die beruflichen Stationen der Bewerber zu bewerten, da die Arbeitsstandards in iranischen Unternehmen abweichen. Da half nur intensiv nachfragen, wobei ich mich auf meinen Background als Informatiker gestützt habe. Was mir bei der Vermittlung aber deutlich mehr Sorgen bereitet hat, ist der Postversand zwischen Iran und Deutschland.

Inwiefern ist die Postzustellung bei der Einstellung ein Problem?

Viele internationale Paket- und Briefdienstleister bieten keinen Versand von Paketen & Briefen in den Iran an. Erschwerend kommt hinzu, dass die Lieferzeiten bei den verbleibenden Unternehmen sehr lange sind und der inländische Postversand leider recht unzuverlässig ist. Bei der Zeichnung des Arbeitsvertrags wollten wir das Risiko einer langen oder nicht funktionierenden postalischen Zustellung unbedingt aushebeln und haben den Kommunikationskanal E-Mail-Versand gewählt. Die Kandidatin hat per elektronischer Signatur den Vertrag rechtsgültig unterschrieben und an uns per Mail zurückgeschickt.

Welche behördlichen Schritte sind nach erfolgter Vertragsunterschrift notwendig, um Akademiker schließlich in Deutschland zu beschäftigen?

Alle zukünftigen Arbeitnehmer mit anerkanntem Hochschulabschluss, die nicht aus der EU, sondern aus Drittstaaten kommen, benötigen eine sogenannte BlueCard. Diese Karte kann im jeweiligen Heimatland bei der Deutschen Botschaft beantragt werden. In der Regel dauert die Genehmigung ein bis zwei Monate, wenn die vollständigen Dokumente vorliegen. Mit Erhalt der BlueCard bekommt die neue Fachkraft die Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis und darf nach Deutschland einreisen und arbeiten.

Wie ist die iranische IT-Spezialistin in Deutschland angekommen?

Das war in der Tat sehr speziell. Sie reiste zur Hochzeit des Karnevals an und es war zum Abschluss nochmals eine Herausforderung in dieser Zeit ein Hotelzimmer zu bekommen. Aber auch dieses Problem konnte gelöst werden. Welchen Eindruck unsere närrische Zeit auf die junge Frau aus Teheran gemacht hat, kann ich nur mit einem Schmunzeln vermuten. In jedem Fall ist es hilfreich, wenn Unternehmen ausländische Mitarbeiter interkulturell fit machen und z.B. mit einem Training unterstützen.

Was können Sie Personalentscheidern in Deutschland zum Schluss noch mit auf den Weg geben?

Geben Sie Fachkräften aus Drittstaaten die Chance in Deutschland Fuß zu fassen! Aus meiner langjährigen Erfahrung heraus kann ich sagen, dass ich von der fachlichen Kompetenz iranischer Fachkräfte im Technologiebereich absolut überzeugt bin. Darüber hinaus haben sie ein hohes Maß an Motivation und Eigenantrieb. Es braucht Mut, um ein neues Leben in Deutschland zu beginnen. Gleichzeitig sorgen qualifizierte Fachkräfte aus Drittstaaten dafür, dass die Lücke von fast zwei Millionen offenen Stellen in Deutschland, kleiner wird. Das Potenzial an ausländischen Fachkräften ist immens und darf nicht unbeachtet bleiben.

Herr Secci, wir bedanken uns sehr herzlich bei Ihnen für das Interview.

Weiterführende Informationen finden Sie auf den Webseiten der Bundesregierung unter

https://www.make-it-in-germany.com/de/unternehmen

https://www.bmas.de/DE/Arbeit/Fachkraeftesicherung-und-Integration/fachkraeftesicherung-und-integration.html

Stand 04.04.2023